750 Jahre Müllendorf
750 Jahre Müllendorf 1270 - 2020
Kennen Sie die wunderschöne kleine Ortschaft Kuesd?
Ganz bestimmt sogar! Vielleicht kennen Sie das Dörfchen aber auch nur unter einer anderen Bezeichnung. Kwesd, Szárazám, Melindorf oder Mylchdorf zum Beispiel.
Heute wissen wir von mehr als 20 Namen für den Ort Müllendorf in den letzten 750 Jahren. Erstaunlich dabei ist, dass über die Jahrhunderte hinweg nicht nur unterschiedliche Schreibweisen des Namens „Mylyhdorff“, sondern auch gleichzeitig völlig andere Bezeichnungen dokumentiert wurden.
Sie ahnen es schon: Die faszinierende Geschichte unserer Heimatgemeinde beinhaltet viele Rätsel,Geheimnisse und spannende Zusammenhänge mit historisch entscheidenden Wendpunkten.
Jungsteinzeitliche Funde oder die Freilegung des römischen Vicus belegen, dass unsere fruchtbare Gegend bereits seit Jahrtausenden als Lebensraum geschätzt wurde. Als offizielle Geburtsstunde gilt jedoch die erste urkundlichen Erwähnung unseres Dorfes am 10. Dezember 1270.
Im Hinblick auf das Jubiläumsjahr wurde bereits vor einigen Jahren eine Arbeitsgruppe gegründet, um die Geschichte von Müllendorf aufzuarbeiten und niederzuschreiben.
Entstanden ist daraus eine neue, umfassende Ortschronik, die – bedingt durch das historisch außergewöhnliche Corona-Jahr 2020 – erschienen ist.
Wissenswertes über die Frühgeschichte und Entwicklung der Gemeinde findet sich in der Chronik ebenso wie die Geschichte der Pfarrkirche, der Genossenschaften und der Unternehmen.
Schwerpunkte bilden zudem die Themen Tradition, Bildung, Kunst und Kultur. Natürlich bietet die Jubiläumsausgabe auch viel Lesenswertes zu unseren Vereinen.
Viele Geschichten über herausragende MüllendorferInnen sowie alte Ortsansichten, Luftbildaufnahmen und historische Karten runden die bald erscheinende Chronik ab und machen sie zu einem wahren Lesevergnügen.
10. Dezember 1270 Die erste urkundliche Erwähnung.
Nach dem Sesshaftwerden der Ungarn auf in etwa dem heutigen Staatsgebiet erfolgte um die Jahrtausendwende die Staatsgründung durch den magyarischen Fürst Stephan (969–1038). In Folge begann er das damals noch dünn besiedelte Land durch fremde „Gastsiedler“ zu besiedeln. Die Wirtschaftskraft sollte dadurch gesteigert und die Macht gesichert werden. König Stephan und seine Nachfolger trachteten daher, die bäuerlichen Besiedelungen zu erweitern und auch „Gäste“ mit speziellen Kenntnissen und neuen Agrartechniken ins Land zu holen. Nach einer „Ungarischen Chronik“, geschrieben im ausgehenden 13. Jahrhundert, werden auch die Namen dieser ritterlichen „Gastsiedler“ genannt.
Für Müllendorf wichtig ist in diesem Zusammenhang das Geschlecht der Buzat-Haholt, das aus der Gegend von Würzburg in Bayern gekommen war und sich östlich des Grenzflusses Leitha – sie bildete etwa ab 1040 die Grenze zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Ungarn – ansiedelte.
Als einziges nichtdeutsches Geschlecht siedelten in unserem Grenzraum die Mattersdorf-Forchtensteiner. Sie kamen aus Spanien (Aragonien) und legten den Grundstein für die später entstandene Grafschaft Forchtenstein.
Da Müllendorf und ein Großteil des heutigen Burgenlandes Teil des Ungarischen Königreiches waren, waren die Buzat-Haholt in die im Jahre 1270 aufgetretenen Wirren um die Ungarische Königskrone zwischen König Bela IV. und seinem Sohn Stephan V. involviert.
Im Zusammenhang mit dieser Auseinandersetzung wird Müllendorf erstmals urkundlich als „villa (Dorf) Kuesd“ genannt. Die Grundlage für diese Annahme findet sich in der Urkunde von König Stephan V. (1270–1272) von Ungarn, die am 10. Dezember 1270 ausgestellt wurde.
Diese Urkunde wurde der Gemeinde Müllendorf vom Ungarischen Staatsarchiv in digitalisierter Form zur Verfügung gestellt.
Die für Müllendorf relevante Textstelle lautet:
„… Item castrum Purpach, simul cum villa Kuesd,
ac porcione quam habuit in Nykch, cum omnibus
illarum utilitatibus, servis videlicet et ancillis, mancipijs,
libertinis, vineis, silvis, pratis, piscaturis et alijs
utilitatibus universis; …“
Im Jahre 1270 ist Kuesd (Müllendorf) zusammen mit dem castrum Purpach im Besitze des Nikolaus, des Sohnes Arnolds dg. [=de genere] Buzat-Haholt. Da dieser sich mit anderen Baronen gegen König Stephan erhob, wird ihm u.a. „ebenso castrum Purpach, zusammen mit dem Dorf Kuesd und ein Gutsanteil in Nykch (Nick im Komitat Vas=Eisenburg) mit allen Nutzungen, Knechten und Mägden, Weingärten, Wiesen und Wäldern, Fischereirecht und allen anderen Nutzungen“ entzogen. Die Besitzungen erhält der Banus Ponith, der für den König gekämpft hatte, und dessen Nachkommen.
Dass es sich bei der Bezeichnung „Villa Kuesd“ um Müllendorf handelt, wird von mehreren namhaften Historikern bestätigt. Als Beweis hierfür dient auch die Urkunde von 1271, in der Kuesd im Besitz des Banus Ponith als östlicher Nachbarort von Byzuskut (= Steinbrunn) erwähnt wird.