Ärchäologie/ Römischer Vicus entdeckt
Auf den Spuren der Römer
Das Gebiet des heutigen Burgenlandes war für die Römer aufgrund seiner strategisch wichtigen Lage von großem Interesse. Führte doch eine der Hauptversorgungslinien, die Bernsteinstraße, von Oberitalien zu den Militärlagern und Städten an der mittleren Donau durch das heutige Burgenland. Über 400 Jahre lang beherrschten sie unser Gebiet, das damals zu Pannonien gehörte, und errichteten Straßen, kurzfristige Militärlager, Dörfer, Prachtvillen sowie Guts- und Friedhöfe. An der antiken Hauptstraße von Scarbantia (Sopron) nach Vindobona (Wien), im Ortskern der Gemeinde Müllendorf, befand sich damals ein Dorf mit kleinstädtischer Struktur, ein sogenannter Vicus, der im Zuge der Errichtung einer Wohnhausanlage zu Tage gekommen ist und Zeugnis dieser vergangenen reichen Hochkultur ablegt. Das Land Burgenland hat auf Initiative von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil mit Partnern eine über drei Jahre laufende Lehrgrabung ermöglicht.
„Die topografisch äußerst günstige Lage beschert dem Burgenland eine nahezu unüberschaubare archäologische Vielfalt. Diese archäologischen Denkmäler sind unverzichtbar für unsere kulturelle Identität, denn sie geben Einblick in die Entwicklung menschlicher Gemeinschaften. Das Burgenland ist reich an derartigen historischen Fundstellen und insgesamt stets bemüht, diese in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und den Gemeinden entsprechend zu sichern und wissenschaftlich aufzuarbeiten“, sagte dazu Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Das Land übernimmt deshalb auch den Großteil der Finanzierung, das Bundesdenkmalamt und die Gemeinde Müllendorf beteiligen sich an den Kosten.
Auf mehr als 3.000 m2 bietet sich ein Fenster in die Vergangenheit, dass es wissenschaftlich, in Zukunft vielleicht auch touristisch zu nutzen gilt. In Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt, der Universität Wien und dem Landesmuseum Burgenland wird auch in den Jahren 2021 und 2022 eine für jeweils vier Wochen anberaumte archäologische Grabung durch das Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie durchgeführt, um diese einzigartige Fundstelle aus der römischen Kaiserzeit des ersten bis vierten Jahrhunderts n. Chr. zu erforschen. Begleitend werden dazu an der Fundstelle selbst und auf ausgewählten Grundstücken Messungen mit dem Bodenradar durchgeführt, um das Ausmaß und den Stellenwert der Fundstelle besser bewerten zu können. Um die Fundstelle vor Witterung zu schützen, wurde die Fundstelle zum Teil wieder zugeschüttet, beziehungsweise abgedeckt.

LH Mag. Hans Peter Doskozil mit Mag. Margit Fröhlich, BA

Die Ausgrabung in Müllendorf, Hauptstraße 39, stand am 11. September 2020 für Besucherinnen und Besucher offen und gewährt Einblicke in die Freilegung dieses römischen Vicus aus dem 2. – 4. Jhdt. n. Chr. Die Eröffnung und Begrüßung erfolgte durch LH-Stv. Mag.a Astrid Eisenkopf.
An der Hauptstraße in Müllendorf, mitten im Ort beim ehemaligen „Ackerl-Steffl“-Haus wurden dankenswerter Weise auf Anregung und Initiative von Erich Schriefl durch den Verein PannArch kleinere Grabungen durchgeführt, nachdem die alten Gebäude fast zur Gänze abgerissen und entsorgt waren.
Unter der Leitung von Gregor Schönpflug und unter Supervision von Landesarchäologen Dr. Hannes Herdits wurde ab Mitte Jänner 2019 nach dem Entfernen der alten Mauern und Grundmauern eine etwa 1m dicke Erdschichte abgetragen und verführt.
Darunter kamen erste Mauerreste, verschiedene Anschüttmaterialien, Tonscherben und anderes zu Tage.
Die anfängliche Skepsis wich zunehmend einer Euphorie. Immer mehr Mauerreste konnten freigelegt werden und schön langsam zeichnete sich eine ungeahnte Struktur von Bauwerken inklusive Straße, Handwerksplätzen und Kanal oder Wasserleitung ab. Einige Fakten sprechen dafür, dass es sich hier um erstaunlich gut erhaltene Reste eines römischen Vicus aus der Zeit von Kaiser Valens handelt.
Der Vicus von Müllendorf wird schon lange von einigen Historikern erwähnt, wobei man sich dabei mehr auf Indizien als auf größere Funde stützte: Münzen beim Fischbrunnen, der Mitras-Altar, die Öllämpchen, die römischen Gräber, Stelen, Fibeln, uvm. Jetzt gelingt offenbar der Beweis mit diesen alten Mauern, dass hier in einer kleinstädtischen Anlage viele Leute lebten, die handwerklich etwas herstellten und mit ihren Produkten Handel betrieben, der sich vermutlich über weite Teile des römischen Reiches erstreckte.
Bemerkenswert erscheint mir, dass manche Mauern (Außenmauern?) sehr dick sind, unterschiedliche Steine und Materialien verwendet wurden (späterer Anbau/Ergänzung?) und möglicherweise verschiedene Böden oder Aufschüttungen Verwendung fanden. Highlights sind aber der römische Kalkbrennofen (möglicherweise gibt es hier mehrere) und ein ungewöhnlich tiefer Kanal oder eine Wasserleitung, der oder die an der Sohle mit Ziegelpfannen ausgelegt ist. Die Brandreste an verschiedenen Stellen lassen noch weitere Deutungen auf andere Handwerksbetriebe offen.
Dass zwischen den Gebäuden eine Straße verläuft, die typische Merkmale von höchster römischer Straßenbaukunst (befestigt, bombiert, mit einer festen Oberschicht „versiegelt“, Entwässerungsgraben, usw.) ist ebenfalls ungewöhnlich.






